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Untersuchungen zur Trennwirkung von Feldwegen verschiedener Ausbaustandards auf Feldcarabiden

 

6 Diskussion

6.2 Zur Trennwirkung von Feldwegen auf die Carabidenfauna

6.2.1 Allgemeines

Nachdem MADER (1979) mit seiner zweijährigen Untersuchung nachweisen konnte, daß die von Verkehrsstraßen ausgehende Isolationswirkung auf Arthropoden und Kleinsäuger der Waldbiozönose sehr umfassend ist, entbrannte eine Diskussion darüber, ob dies nicht auch für befestigte Feldwege in der Agrarlandschaft zuträfe (Untersuchungen bei KAULE 1983, HEIDT et al. 1986, MADER et al. 1988, WELLING 1990). Der scharfe Mikroklimagradient im Übergangsbereich zum Feldweg ist dabei als wichtigster Begrenzungsfaktor anzusehen (s. GEIGER 1961, PAUER 1975 und MADER/PAURITSCH 1981).

Carabiden und bodenlebende Spinnen - innerhalb der epigäischen Fauna die wichtigsten Nützlinge im Ackerbau - sind von mikroklimatischen Barrieren besonders betroffen, weil sie sich vorwiegend laufend in ihrem Lebensraum fortbewegen.

 

6.2.2 Untersuchungsergebnisse

Der wichtigste Teil der Untersuchung sind die Markierungs-Wiederfangversuche. Phänologie und Habitatbindung wurden durch gleichzeitige Erfassung der Erstfänge aufgezeichnet und können somit in die Beurteilung mit einbezogen werden.

In Anlehnung an die Untersuchungen MADERs et al. (1988) mit der Wolfspinne Pardosa amentata wurden zusätzlich die Laufstrecken von auf dem Feldweg freigesetzten Carabiden (Mobilitätsdiagramme) aufgezeichnet.

Für einen Vergleich verschiedener Ausbauvarianten schien der untersuchte Feldweg geradezu prädestiniert, weil die Wegabschnitte auf engstem Raum beieinanderlagen.

 

6.2.2.1 Bewertung der Ergebnisse aus den Markierungs-Wiederfangversuchen - Einfluß des Wetters

  1. Werden alle 887 Wiederfänge der 18 markierten Arten ohne Berücksichtigung der zeitlichen Struktur auf die gesamte Feldwegstrecke bezogen, muß die Arbeitshypothese, die von einer Trennwirkung des Feldweges ausgeht, verworfen werden.
  2. Unterschiedliche Trennwirkungen der fünf Ausbautypen lassen sich wegen der hohen Streuung der Wiederfangzahlen an den einzelnen Wegabschnitten nicht nachweisen.
  3. Der Einfluß des Wetters auf das bodennahe Mikroklima ist in hohem Maße von Bedeckungsgrad, Höhe der Vegetation und Bodentyp abhängig. Weil der Wegrand die Vegetationsgrenze darstellt und gleichzeitig der Übergang zu einer mehr oder weniger versiegelten Oberfläche ist, baut sich hier tagsüber in Abhängigkeit von der Wetterlage häufig ein starker Mikroklimagradient auf (GEIGER 1961, PAUER 1975). Sonnenstrahlung bewirkt besonders in Verbindung mit längerer Trockenheit ein wüstenartiges Mikroklima über dem Feldwegbelag, wogegen milde Temperaturen und Regen den Gradienten veschwinden lassen.

    Unter diesem Gesichtspunkt wurden in Abschnitt 5.1.2.2 die Freilassungen vom 06.07. (Abb. 12a) und 29.07. (Abb. 13a) miteinander verglichen. Zwischen der Freilassung vom 06.07. und Leerung vom 10.07. war es feucht und mild, zwischen der Freilassung vom 29.07. und Leerung vom 01.08. dagegen sehr warm (Tageshöchsttemperaturen z. T. über 30° C) und trocken. Eine Abhängigkeit der Trennwirkung des Feldweges von Temperatur und Luftfeuchtigkeit wird während des gesamten Untersuchungszeitraums nur an diesen beiden Freilassungen deutlich.

    Die Wiederfänge zwischen 17.08. und 21.08. (Abb. 14a) fielen ausgesprochen spärlich aus. Der Zeitraum lag am Ende einer mehr als dreiwöchigen Trockenperiode (s. Abb. 2 ). Daß die meisten Carabiden zwischen dem 17.08. und 21.08. bei sehr geringer Wiederfangquote in den Bankettfallen gefangen wurden, könnte daran liegen, daß die Laufkäfer sich aufgrund der herrschenden Trockenheit unmittelbar nach der Freisetzung in den Ackerboden eingruben oder sich im Feldrain verbargen. Die nach der Wegseite orientierten Carabiden - sofern sie sich nicht weiterhin im Feldrain aufhielten - hatten dagegen diese Möglichkeit nicht und mußten den Feldweg überqueren. Daß die meisten Carabiden der Freilassung erst in der weitaus feuchteren Periode zwischen dem 21.08. und 07.09. wiedergefangen wurden (Abb. 14b) , und sehr viele davon an den Wegabschnitten, an denen während der Trockenphase Wiederfänge ausblieben (Verbundpflaster u. Schotter), überrascht daher nicht.

  4. Gegen Ende des Untersuchungszeitraums wird der Anteil der "Nachzügler" an den gesamten Wiederfängen der jeweiligen Freilassung größer ( Abb. 14b und Abb. 15b Abb. 15b ). Das zeigt sich bei der nachtaktiven Art Pterostichus melanarius deutlich und ist wohl auf die Tatsache zurückzuführen, daß die Temperaturen im Spätsommer gerade nachts - also zur Aktivitätsphase der Art - wieder deutlich niedriger liegen und die lokomotorische Leistung der Käfer somit abnimmt.

  5. Die meisten Carabiden werden in den Fallen bei den Freisetzungspunkten wiedergefangen, was darauf schließen läßt, daß die Laufkäfer sehr bald nach der Freilassung den Feldrain wieder verlassen. Hierfür ist wohl dessen geringe Breite von durchschnittlich etwa 50 cm verantwortlich zu machen.

    Im Gegensatz hierzu fand WELLING (1990) mit Hilfe von Markierungs-Wiederfangversuchen, daß sich Carabiden vorwiegend innerhalb eines Feldrains bewegten, der nur zwischen 30 und 40 cm breit war.

Ein anderer Aspekt soll zuletzt noch angesprochen werden:

Durch die in einigen Fällen längere Hälterung der gefangenen Carabiden bei niedriger Temperatur im Dunkeln wurde deren diurnaler Rythmus mit Sicherheit gestört. Im Freiland stellt sich der natürliche Rythmus durch den Zeitgeber "Licht" jedoch rasch wieder ein (s. bei THIELE 1977).

Nach der Entnahme der markierten Käfer aus dem Kühlschrank stellte sich die normale Aktivität mit dem Angleichen der Körpertemperatur an die der Umgebung bereits innerhalb 20 Minuten ein. Störungen im Verbergeverhalten der Carabiden wurden bei den Freisetzungen nicht festgestellt. Eine Verfälschung der Versuchsergebnisse durch die Hälterung der Laufkäfer kann daher ausgeschlossen werden.

 

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