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Untersuchungen zur Trennwirkung von Feldwegen verschiedener Ausbaustandards auf Feldcarabiden

 

6 Diskussion

6.1 Methodenkritik

6.1.3 Konzeption des Fallensystems

Um einen Vergleich der Wiederfänge mit den Ergebnissen anderer Autoren (bes. WELLING 1990) zu erleichtern, wurde die Öffnungsweite der Fangparabeln zunächst auf einen Wert von 33 cm eingestellt, der etwa dem Umfang eines Fangbechers entspricht (Abb. 3, a) . Bis zum 28.05. erfolgte der Wiederfang der markierten (sowie der Erstfang der unmarkierten) Carabiden in solchen Fallen.

Nicht alleine die ungenügende Haltbarkeit der Farbmarkierung war verantwortlich für niedrige Wiederfangraten, sondern auch die anfangs viel zu klein gewählte Öffnungsweite der Fangparabeln.

Weitere Fallen wurden jedoch wegen des enormen Zeitaufwandes beim Eingraben in das Bankett nicht installiert. Die Fangeffektivität der vorhandenen Fallen wurde vielmehr durch Anbringen von Leitstreifen zu beiden Seiten der Fangparabeln gesteigert.

Der Ausbau des Fallensystems diente in erster Linie der Verbesserung des Wiederfangs. Das wirkungsvollste Konzept wäre die Absperrung des Feldweges und der Grenzbereiche innerhalb eines Korridors gewesen, bei dem die Fangbecher in gleichen Abständen entlang einer durchgehenden Barriere zu beiden Seiten des Weges eingegraben worden wären. Weil jedoch der Feldweg besonders am Wochenende überaus stark frequentiert wurde und Ausweichmöglichkeiten für Fahrzeuge belassen werden mußten, wurde dieses Konzept schon zu Beginn verworfen. Außerdem wären Zuwanderungen unterbunden und der Korridor möglicherweise schon nach kurzer Zeit leergefangen worden.

Bei dem schließlich angewendeten Fallensystem konnten von beiden Seiten Arthropoden in den Feldwegbereich ein- und auswandern. Dadurch konnte der schmale Ackerstreifen südlich des Feldwegs zum einen nicht leergefangen werden - denn es wurden ständig Carabiden zur Markierung gebraucht - zum anderen war es wegen der einseitig geöffneten Fallen mit Abschirmung zur Rückseite möglich, die Erstfänge in die Auswertung einzubeziehen.

Für eine weiterführende Untersuchung wäre wegen der Auswertbarkeit auf statistischer Grundlage die Anzahl der Fallen an den Wegabschnitten deutlich zu erhöhen (größerer Arbeitsaufwand).

Im folgenden sollen die Verhaltensbeobachtungen der Carabiden an den Fallen (Abschnitt 5.3) bewertet werden:

Der Versuch unterstreicht deutlich die attraktive Wirkung selbst geringen Pflanzenbewuchses bei der Verbergeorientierung der Carabiden (Tab. 18) . Wegen der Absperrung der Fallen und des damit verbundenen Sicherheitsabstandes der vorbeifahrenden Pkw, konnte sich am rechten Wegrand direkt vor den Fallen der Rasenstein- und Schottervariante eine schüttere Vegetation entwickeln, in welcher die an der Leitfolie freigesetzten Laufkäfer Deckung suchten. Die direkt vor dem Leitstreifen freigesetzten Carabiden verhalten sich genauso wie die Versuchstiere aus den Mobilitätsdiagrammen: Sie zeigen eine ausgeprägte Verbergeorientierung.

Vor Ort befindliche Laufkäfer dürften sich nach einem anderen Muster verhalten, denn sie bewegen sich in ihrem natürlichen Lebensraum und treffen während eines Ortswechsels auf den Leitstreifen. Besonders wenn die Carabiden nach einer Wegüberquerung in vollem Lauf auf die Leitfolie der Bankettseite stoßen, halten sie einseitigen Körperkontakt bei und laufen an der Folie entlang.

Überdies haben nach meinen Beobachtungen und denen BATHONs (mündl.) Carabiden ein ausgesprochen gutes "Richtungsgedächtnis". Nach einer erzwungenen Ablenkung (z.B durch eine Wand) wird die vorherige Laufrichtung meist wieder eingeschlagen.

Eine unterschiedliche Fangeffektivität der Bankettfallen an den einzelnen Wegabschnitten kann daher aus dem Versuch mit Sicherheit nicht abgeleitet werden.

 

6.1.3.1 Bedeutung für die Wiederfänge

Durch die Anbringung von Leitstreifen zu beiden Seiten der Fangparabeln nach dem 28.05. (erste Fallenerweiterung) ließ sich die Wiederfangquote nicht merklich steigern. Nach der Freilassung mit der lfd. Nr. 4 (Orange) wurden nur 3,7% der markierten Laufkäfer wiedergefangen (Tab. 5) , was aber gleichwohl auf hohe Markierungsverluste zurückzuführen ist. Schon während der Wiederfangphase der nächsten Freilassung (Blau) wurde daher an jedem freien Ende eines Leitstreifens eine weitere Fangparabel angebracht (zweite Fallenerweiterung vom 06.06. bis 14.06.). Die gesteigerte Wiederfangquote der mit blauer Farbe markierten Carabiden (8,0%) ist sicherlich darauf zurückzuführen. Nach dem 14.06. wurden am Fallenkonzept keine Änderungen mehr vorgenommen.

Nach späteren Berechnungen konnten mit dem Fallenaufbau vor dem 28.05. auch unter günstigen Voraussetzungen nur 4,2% der freigesetzten Carabiden wiedergefangen werden (Abb. 44) . Diese Voraussetzungen sind:

Die Fangeffektivität der Fallen hat sich nach der ersten Fallenerweiterung unter den für die Berechnung gemachten Annahmen etwas mehr als verdoppelt (Abb. 44 Mitte). Nur wenn der heranlaufende Carabide in einem spitzen Winkel auf das Leitelement trifft (der zentrale Fangbecher stellt den Scheitelpunkt dar), ist die Fangwahrscheinlichkeit sehr hoch. Unter den oben gemachten Annahmen können maximal 9,1% der freigesetzten Laufkäfer wiedergefangen werden.

Nach der zweiten Fallenerweiterung liegt die "theoretische Höchstmarke" bei 54,6%. Sie wurde von einigen Arten zur Zeit ihrer höchsten Aktivität beinahe erreicht (Tab. 12) .

 

6.1.3.2 Bedeutung für die Erstfänge

Für die Beurteilung der Erstfänge ist es wichtig zu wissen, ob an der Fallenrückseite entlanglaufende Carabiden ebenfalls in die Fangbecher auf der Fallenvorderseite glangen können - entsprechende Nachforschungen wurden nicht angestellt. Nach BATHON (mündlich) reißt der Fühlerkontakt eines an einem Leitelement entlanglaufenden Carabiden plötzlich ab, wenn er dessen blindes Ende erreicht, so daß er seine bisherige Laufrichtung annähernd beibehält.

Es muß jedoch davon ausgegangen werden, daß Carabiden aus dem rückwärtigen Bereich der Fallen dann gefangen werden, wenn sie nach Passieren der Trennwand und einem anschließenden Richtungswechsel zur Fallenvorderseite gelangen und dann von vorne auf das Leitelement stoßen. Bei einer hohen Populationsdichte im rückwärtigen Bereich der Fallen ist mit einer Verstärkung dieses Effekts zu rechnen. Eine durch die Feldweggrenze ausgelöste Richtungsänderung könnte zu erhöhten Fangzahlen besonders in den Bankettfallen führen. Nach eigenen Beobachtungen kann diese Quote jedoch als vergleichsweise gering betrachtet werden, weil die Laufkäfer den Weg in der Regel zügig und unter Beibehaltung der Richtung überqueren - eine Richtungsumkehr kommt in den seltensten Fällen vor.

BAARS (1979) hat die Begriffe "random walk" und "directed walk" geprägt. Directed Walk ist ein richtungstreues Laufverhalten, bei dem lange Strecken zurückgelegt werden. Während des Random Walks dagegen bewegen sich Laufkäfer suchend fort und wechseln dabei häufig die Richtung.

Trifft ein Carabide während des Directed Walks auf ein Leitelement, läuft er wie oben beschrieben daran entlang. Verantwortlich für dieses Verhalten sind zumindest bei Carabiden Berührungsreize, die beim Entlanglaufen an Wänden von Fühlern und Tarsen einer Körperseite aufgenommen werden (BATHON mündl.). Nach dem Ende des Reizes wird häufig wieder die ursprüngliche Laufrichtung eingeschlagen.

Trifft ein Carabide während des Random Walks auf ein Leitelement, könnte er sich durchaus anders verhalten und das Leitelement wieder verlassen. Bei den Beobachtungen der Carabiden an den Fallen (Abschnitt 5.3) konnten einige Zeit nach der Freisetzung Laufkäfer beobachtet werden, die sich langsam fortbewegten und öfters pausierten (random walk?). Aber auch diese Individuen behielten meistens den Kontakt zur Folie bei, so daß anzunehmen ist, daß sich das Verhalten der Carabiden an den Leitelementen während des Directed Walks und des Random Walks nicht sonderlich unterscheidet.

Nach den in Abschnitt 5.3 beschriebenen Beobachtungen wird eine freie Fläche - z. B. ein Feldweg - zügig und unter Beibehalten der Richtung überquert. Der auf das Leitelement treffende Laufkäfer läuft fast immer nach der Seite, die ihm die kleinste Richtungsänderung aufzwingt. Rechtwinklig auftreffende Tiere müssen sich neu orientieren oder entscheiden sich spontan für eine der beiden Seiten. Für die in spitzem Winkel auftreffenden Carabiden gilt das bereits oben gesagte (Abschn. 6.1.3.1).

 

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