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Untersuchungen zur Trennwirkung von Feldwegen verschiedener Ausbaustandards auf Feldcarabiden

 

6 Diskussion

6.1 Methodenkritik

6.1.2 Mögliche Einflußgrößen bei der Verwendung von Bodenfallen

Faktoren, die die Fangwahrscheinlichkeit einzelner Bodenfallen verändern, sind vielfältig und sollen im folgenden exemplarisch diskutiert werden.


FANGGEFÄSSE: Zur Auswahl stehen in der Praxis meistens Konservendosen, Marmeladengläser und Plastikbecher. Nach MÜHLENBERG (1993) sind Plastikbecher wegen der Erweiterung zum oberen Rand hin als Bodenfalle nicht geeignet. Marmeladengläser, die nach oben verengt sind, besitzen dagegen Reusenwirkung. LUFF (1975) verglich die Fangeffektivität von Gefäßen aus obigen drei Materialien für Carabiden. Nach seinen Ergebnissen sind Konservendosen deutlich abzulehnen. Der Unterschied zwischen Gläsern und Polyethylen-Bechern gleichen Öffnungsdurchmessers war zwar weitaus geringer, aber immer noch deutlich (Tab. 20).

Tab. 20:  Fangeffektivität von Fanggefäßen aus Glas und Polyethylen nach LUFF (1975).

Die Höhe des Glases betrug 14 cm, die der Becher 7,5 cm.

Glas
(Ø=6,5 cm)
Becher
(Ø=6,5 cm)
Fänge insgesamt 367 238
von 600 am Fallenrand ankommenden Carabiden werden gefangen
(Mittelwert aus 6 verschiedenen Arten in %)
75,3 72,8
Verlustrate in % nach 2 Tagen
(Mittelwert aus 3 Gruppen verschieden großer Arten)
0,0 3,9

Nach eigenen Beobachtungen bleiben Fluchtversuche von in den Bechern gefangenen Carabiden erfolglos, so lange die Wand sauber und trocken ist. Auch größere Carabidenarten wie Carabus nemoralis konnten trotz des bis zu 3,5 cm hoch aufgefüllten Verbergematerials (Höhe der verwendeten Becher: 9,5 cm) und der leichten Wandneigung von 83,9° nicht entkommen.

Nach Regen jedoch konnten vor dem 30.06., bzw. im Acker vor dem 01.09. an den noch nicht abgedeckten Fallen Carabiden beobachtet werden, die unter Ausnutzung der Adhäsionskräfte des Regenwasserfilms an der Becherwand emporzuklettern versuchten. Der Erfolg hing dabei stark vom Körpergewicht ab. Laufkäfer von mehr als 12 mm Körperlänge hatten kaum Chancen zu entkommen. Männchen dürften aufgrund ihrer mit Haftelementen versehenen Vordertarsen gegenüber Weibchen im Vorteil sein. Mit dem Spritzwasser an die Becherwand geschleuderte und dort festhaftende Bodenpartikel können ein Entkommen gefangener Arthropoden trotz hoher Wandneigung ebenfalls begünstigen.

Durch heftigen Regen wird meistens der Becherrand freigelegt, so daß er über die Bodenoberfläche ragt. Kleinere Arten laufen nicht über diesen Rand hinweg.


LEITELEMENTE erhöhen die Fängigkeit von Fallen dadurch, daß epigäische Tiere, die auf sie stoßen, gewöhnlich an ihnen entlanglaufen (MÜHLENBERG 1993). Verantwortlich hierfür sind Berührungsreize, die beim Entlanglaufen an Wänden von Fühlern und Tarsen einer Kör­perseite aufgenommen werden.

Leitelemente verändern durch Schattenwurf oder Wärmereflexion das gegebene Mikrohabitat. Farbe und Helligkeit des verwendeten Materials spielen dabei eine entscheidende Rolle. Die zur Barrierewirkung erforderliche Höhe der Leitelemente ist vom Material und von der untersuchten Tiergruppe abhängig. MÜHLENBERG (1993) hält eine Mindesthöhe von 30 cm für Carabiden erforderlich. Nach der vorliegenden Untersuchung genügen bereits etwa 10 cm hohe Barrieren. Bedingung ist allerdings, daß weder Vegetation überhängt, noch grabende und Erdhügel aufwerfende Säugetiere wie Wühlmäuse oder Maulwürfe eine Überwindung der Barriere ermöglichen.

An den Leitelementen angreifende Störungen sind ebenfalls witterungsbedingt. Bei Regenschauern bleibt mit dem Spritzwasser verteiltes Bodensubstsrat auch an ihnen haften. In der vorliegenden Untersuchung fielen an den Leitfolien der Bankettfallen die Bodenpartikel, nachdem sie getrocknet waren, wieder ab; an den Leitblechen der Ackerfallen dagegen blieben sie meist haften und mußten von Hand entfernt werden.

Die Aufheizung des vor den Leitfolien aufgeschütteten und nach Süden exponierten Bodens führte während sommerheißer Nachmittagsstunden dazu, daß Exemplare der tagaktiven Arten Poecilus cupreus, P. versicolor und Harpalus aeneus vertrockneten, wenn sie sich zu lange an den Leitfolien aufhielten. Methodische Schwächen können sich also wetterbedingt sehr unterschiedlich auswirken.

Aber auch biotische Faktoren können an Leitfolien die Fänge beeinflussen. So konnten vor allem im Frühjahr Bachstelzen dabei beobachtet werden, wie sie an den Leitfolien der Bankettseite auf Beute lauerten.


Die Nebenwirkungen von ABDECKUNGEN wurden vielfach diskutiert. Nach MÜHLENBERG (1993) verändern sie das Mikrohabitat und täuschen möglicherweise Schlupfwinkel vor. Das aber trifft auch auf Leitelemente zu.

TRETZEL (1955) und MADER (1979) verwendeten Abdeckungen als Regenschutz. Probleme von mit dem Spritzwasser an die Becherwand geratenen und dort festhaftenden Bodenpartikeln lassen sich mit ihrer Hilfe verhindern.

In der vorliegenden Untersuchung dienten sie nicht nur als Regenschutz. Weil auch die Fangbecher der Bankettfallen wegen ihrer Exposition nach Süden der Sonnenstrahlung ausgesetzt waren oder zumindest der Boden um sie herum aufgeheizt wurde, litten die hineingeratenen Bodenarthropoden stark unter Hitze und Trockenheit. Dies führte dazu, daß die Carabiden (bes. die Poecilus-Arten) für ihre Wasserversorgung zuerst die mitgefangenen Wolfspinnen anfielen - was sie sonst nicht tun - und zunehmend auch andere Carabidenarten. Selbst Cara­bus-Arten wurden zuletzt nicht verschont. Überdies zeigten im Labor alle drei Poecilus-Arten bei zu hohem Besatz der Hälterungsschalen viel schneller Cannibalismus, als die anderen Arten.

Die Fangbecher der Bankettfallen wurden daher (am 30.06.) zur Beschattung mit einem Schutzblech versehen. Bei den Ackerfallen konnte auf eine Abdeckung verzichtet werden, weil das bereits hohe Getreide schon ausreichend Schatten spendete. Auch nach der Ernte brachte ich zunächst noch keine Abdeckungen an, weil die Blechwände der Fangparabeln die nördlich davor eingegrabenen Becher genügend beschatteten.

Wegen prädatorischer Zugriffe (wahrscheinlich durch einen Dachs) mußten später (01.09.) aber auch die Ackerfallen abgedeckt werden.

Nach THIELE (1977) spielen als Prädatoren von Carabiden vor allem Spitzmäuse, Maulwürfe, Fledermäuse, Vögel und Anuren (Frösche und Kröten) eine wichtige Rolle.

Bei Markierungs-Wiederfang-Versuchen muß nach MÜLLER (1984) die Ortskonstanz und der Aktionsradius einer Art in die Beurteilung der Wiederfangergebnisse einbezogen werden.

Die Ausrichtung von Kulturpflanzenreihen und die Richtung von Fahrgassen beeinflussen beispielsweise den Raumwiderstand und können somit das Fangergebnis einer Falle erniedrigen (entsprechende Untersuchungen bei TIMMERMANN 1991). Umgekehrt können Vegetationsinseln wegen ihrer strukturellen Attraktivität das Fangergebnis darin aufgestellter Fallen erhöhen.

Zu einer Erhöhung von Fangzahlen während der Fortpflanzungszeit könnten Sexual­pheromone beitragen, wobei ein schon in der Bodenfalle gefangenes Weibchen die Fangwahrscheinlichkeit für Männchen der gleichen Art vergrößert. Männchen sind während der Kopulationsperiode lokomotorisch sehr aktiv und Sexualpheromone könnten einen sehr großen Einfluß auf ihre Bewegungsrichtung haben. Bei vielen Insektenarten besitzen die Männchen außerordentlich empfindliche Rezeptoren für die Sexuallockstoffe der Weibchen (z.B. Pfauenspinner, Saturniidae). Bei Carabiden gibt es hierfür jedoch keine Hinweise. Vielmehr finden nach BATHON (mündl.) die Männchen ihre Weibchen ähnlich wie bei Kröten durch die "Try-and-Error-Methode".

In der vorliegenden Untersuchung fanden sich jedoch von Carabus nemoralis bei den drei Leerungen zwischen dem 15.06. und 23.07. häufig Geschlechterpaare in den Fangbechern (Zeitraum ist Kopulationsperiode, nach BURMEISTER 1939 stirbt C. nemoralis erst ab Mitte August ab). Einzeltiere waren weniger häufig, als Paare. Dies mag aber genauso gut darin begründet liegen, daß kopulierende Paare in die Fallen geraten sind.

Beeinträchtigungen der Fänge durch Diebstahl, mutwillige Zerstörungen und Beschädigungen durch Unachtsamkeit der Passanten bzw. durch falsch verstandenen Naturschutzgedanken sind mehr oder weniger zufällig und leider kaum zu verhindern.

 

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