Home Inhaltsverzeichnis << >>

Untersuchungen zur Trennwirkung von Feldwegen verschiedener Ausbaustandards auf Feldcarabiden

 

6 Diskussion

6.2 Zur Trennwirkung von Feldwegen auf die Carabidenfauna

6.2.3 Zusammenfassende Bewertung und Vergleich mit der Literatur

Unter den Bearbeitern, die die Trennwirkung von Feldwegen untersuchten, kommen KAULE et al. (1983) zu dem Schluß, daß sie in der reinen Agrarlandschaft nicht gegeben ist. In ihrer Untersuchung wurde ein breites Spektrum von Tiergruppen untersucht (Kleinsäuger, Bodenarthropoden, Schnecken). Die angewandte Methodik und die erreichten Fangzahlen lassen allerdings keine weitgehenden Schlüsse zur Trennwirkung von Wirtschaftswegen zu.

HEIDT et al. (1986) beschränkten sich bei ihren Untersuchungen zur Trennwirkung von Feldwegen verschiedenen Ausbaus auf die Carabidenfauna. Zum Einsatz kamen ausschließlich Totfangfallen (mit Ethylenglykol als Fangflüssigkeit). Populationsdynamische Aspekte konnten aber kaum berücksichtigt werden, denn die Fallen im "Bestand" (Acker) waren nur im abgeschirmten Rückraum der Fallen am Weg ausgebracht worden und nicht auch auf der gegen­überliegenden Wegseite. Die untersuchten Feldwegstrecken waren über verschiedene Standorte in der Wetterau verstreut, so daß unterschiedliche mikroklimatische, edaphische u. a. Bedingungen die differierende Barrierewirkung der einzelnen Ausbautypen verwischt haben könnten. Deutliche Unterschiede zwischen den verschiedenen Ausbautypen wurden von den Autoren nicht festgestellt. Dies wird mit dem noch geringen Alter der meisten Versuchsstrecken und dem daher geringen Bewuchs begründet.

MADER et al. (1988) fertigten Mobilitätsdagramme mit der an Wegrändern und Feldrainen häufigen Wolfspinne Pardosa amentata. (Die gleiche Methodik wurde für die vorliegenden Mobilitätsdiagramme mit Carabiden angewendet.) Nach der Freisetzung auf einem 3 m breiten Asphaltweg orientierte sich P. amentata deutlich zum jeweiligen Wegrand. An einem grünen Wirtschaftsweg, auf dessen beiden Fahrspuren sie ebenfalls freigesetzt wurde, orientierte sie sich dagegen in gleichem Maße zum Mittelstreifen, wie zum jeweiligen Wegrand. Die Autoren leiteten hieraus eine deutliche Barrierewirkung des Asphaltweges ab. Auch Wolfspinnen orientieren sich nach Silhouetten, wie ROMBACH (unpubl.) zeigte. Aufgrund der im vorigen Abschnitt gemachten Einschränkungen für die Bewertung der Mobilitätsdiagramme (Verbergeorientierung) führt das Ergebnis bei MADER et al. (1988) möglicherweise zu einer Überbewertung der Barrierewirkung des asphaltierten Feldweges.

WELLING (1990) konnte mit Hilfe der Markierungs-Wiederfangmethode nachweisen, daß ein 3,5 m breiter asphaltierter Wirtschaftsweg, zu dessen beiden Seiten jeweils Winterweizen angebaut wurde, auch für einige typische Feldcarabiden eine Barriere darstellt. Die höchste Trennwirkung hatte der Wirtschaftsweg auf Platynus dorsalis, einem ökonomisch bedeutenden Vertilger von Getreideblattläusen. 92 Individuen, die den Weg zwischen 02. Mai und 16. Juni 1988 überquert hatten, standen 446 Individuen gegenüber, die im gleichen Zeitraum auf der Freilassungs-Seite wiedergefangen wurden (Verhältnis "Überquerer / Nicht-Überquerer" = 0,21*1).

TIMMERMANN (1991) stellte in ihrer Arbeit fest, daß Wallhecken für Pterostichus melanarius eine weitaus höhere Trennwirkung besitzen als beispielsweise Kieswege.

In der vorliegenden Untersuchung konnte mit Hilfe der Markierungs-Wiederfangversuche an zwei zeitlich verschiedenen Freilassungen gezeigt werden, daß die Trennwirkung des Feldweges witterungsbedingten Einflüssen unterliegt (Abschnitt 5.1.2.2) . Über einen längeren Zeitraum blieb die Trennwirkung jedoch nicht bestehen. Zwischen den verschiedenen Ausbautypen des Feldweges konnten mit Hilfe der Markierungs-Wiederfangmethode keine Unterschiede in der Trennwirkung festgestellt werden.

Zu dieser Bewertung muß allerdings eine wichtige Einschränkung gemacht werden: Die untersuchten Carabiden sind ausnahmslos eurytope Arten, die sich in Feldkulturen erfolgreich behaupten können. Ihre Mehrzahl ist xerothermophil und somit an trockenere Standorte angepaßt (Tab. 4) . Zudem war das Kleinklima im Untersuchungsgebiet 1992 überdurchschnittlich feucht, so daß nur während etwa 20 Sommertagen Trockenheit herrschte. Das Überqueren des Feldweges dürfte diesen Arten nur geringe Schwierigkeiten bereitet haben. Die Barrierewirkung des Feldweges ist an den wegen ihrer Häufigkeit im Gebiet ausgewählten Arten nicht nachzuweisen. Nur bei zwei Freilassungen sind Unterschiede in der Verteilung der Wiederfänge zu erkennen ( Abb. 12a und Abb. 13a ). Eine Übertragung der Untersuchungsergebnisse auf stenotope, besonders aber stenohygre Arten feuchterer Biotope ist deshalb nicht möglich.

In diesem Zusammenhang soll die vielzitierte Arbeit MADERs (1979) kurz angesprochen werden. Seine zweijährigen Untersuchungen einer Waldbiozönose im Einflußbereich einer 6 m breiten asphaltierten und wenig befahrenen Kreisstraße, sowie dreier weiterer Straßenabschnitte führten zu dem Ergebnis, daß selbst schmale Straßen für silvicole (waldlebende) Laufkäfer eine sehr große Barriere darstellen. Dabei war die Trennwirkung der Straße für die überwiegend stenotopen Waldarten (bes. Abax ater) zwölffach höher (Verhältnis ">Überquerer / Nicht-Überquerer" = 0,024*2), als für im Straßenrandbereich lebende euryöke Arten (vor allem Pterostichus niger) (Verhältnis "Überquerer / Nicht-Überquerer" = 0,29).

MADER (1979) sagt allerdings selbst, daß die Übertragbarkeit seiner Ergebnisse auf andere Ökosysteme offenbleiben muß.

Wegen der zwischen Frühjahr und Herbst wechselnden Migrationsrichtung vieler Feldcarabiden wäre für die vorliegende Untersuchung eine Erfassung ausreichender Daten vor dem 15. Juni sehr zuträglich gewesen.

Die Tatsache, daß WELLINGs (1990) Erfassungszeitraum zur Ermittlung der Trennwirkung eines Wirtschaftsweges zwischen dem 02.05. und 16.06.1988, also jahreszeitlich gerade vor dem eigentlichen Erfassungszeitraum der vorliegenden Untersuchung lag, erklärt möglicherweise auch den Unterschied zu seinen Ergebnissen.

Dies bedeutet für weiterführende Untersuchungen, daß Vegetationsperioden vollständig erfaßt werden müssen. Populationsdynamische Aspekte und Migrationsverhalten sollten unbedingt in die Auswertung einbezogen werden.

Es darf aus den Untersuchungsergebnissen nicht abgeleitet werden, das Dispersionsverhalten von Bodenarthropoden bleibe durch die Wahl hoher Ausbaustandards von Feldwegen unberührt. Inwieweit solche Feldwege hygrophile und stenohygre Carabidenarten sowie vor allem Spinnen, Staphyliniden und Collembolen in ihrem Dispersionsverhalten behindern, muß derzeit noch offen bleiben.

 


*1 analog zu der entsprechenden Maßzahl in der vorliegenden Arbeit. Auch bei WELLING (1990) war der Fallenaufbau zu beiden Seiten einer Freilassungs-Linie symmetrisch.

*2 Die Daten von MADER (1979) wurden zum Vergleich mit den Ergebnissen aus Tab. 7 in dieselbe Darstellungsform gebracht (Verhältnis Überquerer / Nichtüberquerer). Bei einem Vergleich ist jedoch zu bedenken, daß die Straße 6 m breit war und die Straßenrandzone viel stärker gegliedert, als der maximal 1 m breite Feldrain.

 

Home Inhaltsverzeichnis << >>